Quo vaditis, Konnektor & Co?

Konnektor, eGK, elektronischer Heilberufeausweis (HBA) und Institutionskarte (SMC-B) der Telematikinfratstruktur (TI) sollen abgeschafft und durch reine Softwarelösungen ersetzt werden. Aber geht das eigentlich? Und wenn ja: Macht das überhaupt Sinn?

19.01.2021, Mark Langguth
Lesezeit 20 Minuten

Die Vernetzung des deutschen Gesundheitswesens erfolgt über die Telematikinfrastuktur (TI) als sicheres und geschlossenes Netz, in das nur bekannte Akteure des Gesundheitswesens eingelassen werden. Für die TI spielt der Konnektor eine entscheidende Rolle. Er ist die eine Komponente, die u.a. für die Verbindung des lokalen Netzes einer Arztpraxis oder anderen Einrichtung mit der zentralen TI verantwortlich ist. Entsprechend muss jede Einrichtung, die an die TI angeschlossen werden will (oder muss), über einen solchen Konnektor verfügen.  

Die TI-Kritiker betiteln diesen Konnektor als „Steinzeitkonnektor“, das BMG antwortet im Referentenentwurf des kommenden Digitale Versorgung und Pflege - Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) darauf mit dem Arbeitsauftrag an die gematik, die Vorgaben für einen „Zukunftskonnektor“ zu erstellen – und allenthalben ist zu hören, dass in diesem Zuge der Hardwarekonnektor durch einen reinen Softwarekonnektor ersetzt werden soll. Dabei sollen die ungeliebten Karten, allen voran die eGK, gleich mit verschwinden. Zu Zeiten des Smartphones seien sie ein Anachronismus und gehörten nicht mehr in die moderne Zeit. Im DVPMG wird entsprechend auch die Einführung „Digitaler Identitäten“ gefordert. Ab 2023 erst zusätzlich zu eGK, HBA und SMC-B, sollen diese später dann gänzlich alleine ohne Karten auskommen - wenn der Empfänger der digitalen Identität dies wünscht.

Der Wechsel von einem Hardware- zu einem Softwarekonnektor bekommt insbesondere vor dem Hintergrund Dringlichkeit, dass die Zertifikate der heutigen Konnektoren mit einer begrenzten Laufzeit von 5 Jahren ausgegeben wurden und werden. Die Zertifikate der Konnektoren laufen also nach und nach ab, beginnend ab September 2022. Wird hier nichts unternommen, werden ab diesem Zeitpunkt kontinuierlich Konnektoren, die älter als 5 Jahre sind, keine Verbindung mehr zur TI aufbauen können – diese Konnektoren sind dann nicht mehr nutzbar.

Aber was ist dran an der Idee, den Hardwarekonnektor vollständig durch eine reine Softwarelösung zu ersetzen? Und wo und wie wären diese Softwarekonnektoren ihren Hardwarekollegen eigentlich wirklich überlegen? Oder hätten sie vielleicht sogar Nachteile? Und was hat es mit den neuen „digitalen Identitäten“ auf sich? Kann man wirklich auf die „Steinzeitkarte“ eGK verzichten und stattdessen nur noch z.B. das Smartphone einsetzen? Auch für Ärzte und Einrichtungen?

Um diese Fragen sachlich bewerten und beantworten zu können, müssen die unterschiedlichen Aspekte zu funktionalen, wie sicherheitstechnischen Zielen des Konnektors und der Smartcards ebenso betrachtet werden, wie die sich ab 2023 teilweise ändernden Anforderungen an eine Anbindung an die TI bzw. eine Nutzung der Anwendungen der TI. Da die Liste der Dinge, die für eine sichere digitale Vernetzung und digitale Interaktion im Gesundheitswesen recht lang ist, heißt es jetzt: Bitte Durchhalten, damit am Ende besser verstanden werden kann, welche Schlüsse gezogen werden können oder sollten.

Ich kann Ihnen aber jetzt schon mitteilen, was Sie an dieser Stelle sicherlich bereits vermuteten: Gar so einfach und schwarz/weiß, wie es derzeit in der Politik und den Medien diskutiert wird, ist die Sache nicht. Und ausgedient haben Hardwareboxen sowie hardwarebasierte digitale Identitäten der Form eGK, HBA und SMC-B noch lange nicht, denn der hardwarebasierte Lösungsansatz hat eine Reihe wichtiger Vorteiler, u.a. sind diese sogar günstiger als ihre reinen Softwarelösungen – auch wenn dies überraschen mag. Am Ende heißt es dann vermutlich: Nicht „Entweder-oder“ sondern „Sowohl als auch!“.

(Ungeduldige finden die Bewertung nach der Erläuterung in Abschnitt 6 des zweiten Teils dieses Artikels.)

Erläutern möchte ich entsprechend:

1. Ziele und technische Zusammenhänge  

1.1 Ziele der digitalen Vernetzung im Gesundheitswesen 
1.2 Bedarf an sicheren Identitäten und Kryptografie 
1.3 Verwendung von Kartenterminals und Krypto-Software
1.4 Nicht ohne öffentliche Zertifikate und Vertrauensdiensteanbieter
1.5 Anforderungen an die sichere Vernetzung
1.6 Betriebsführung und Betriebsstabilität
1.7 Sicherheitskritische Anwendungsanteile
1.8 Zusammenfassung der Bedarfe  

2. Konnektor – das „Schweizer Taschenmesser“ der TI
3. Kosten des Konnektors und der Smartcards
4. Nutzungs- und Einsatzszenarien der TI und ihrer Anwendungen
5. Gesetzesinitiative DVPMG
6. Auswirkungen auf den Konnektor, die Karten und den ganzen Rest
7. Und nun?

  • es einer Person und Institution ermöglichen, sich sowie deren bestätigte Rolle sicher nachzuweisen (Authentisierung und Rollenauthentisierung).
  • die Vertraulichkeit übertragener Daten sicherstellen (Verschlüsselung).
  • die Integrität der übertragenen Daten sicherstellen (Signatur).  

...Weiter zu Teil 2 des Artikels >>>

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